Bild: Vortrag von Thomas Zieringer im Martin Buber Haus in Heppenheim über sein Projekt und die Kontroverse.
Kapitel: Gegenwind / Ursachen
Im Frühjahr 2013 konnte mein Verein einen schönen Erfolg feiern. Eine Anzeige zu unserem Projekt wurde auf den Titelseiten der Jerusalem Post und HaAretz veröffentlicht.
Es stand zu dieser Anerkennung aus Israel in starkem Kontrast, wie darauf zu Hause in Deutschland reagiert wurde. Man erzählte sich sogar, ich hätte "den Juden" soviel Geld gegeben, dass sie die Anzeige auf die Titelseite setzen mussten. Die negativen Aktionen gegen diese Friedens- und Freiheitsstätte nahmen in der Folge zu und unser Verein wurde alleine gelassen. Das ging haarscharf daran vorbei, dass dieses ganze Projekt hätte aufgegeben werden müssen. Dabei gab es einen großen Unterschied zwischen den positiven Reaktionen der Menschen, die unvermittelt am Jerusalem Friedensmal vorbei wanderten und eben dem Bild einer Kontroverse in der veröffentlichten Meinung. Das Projekt wird tatsächlich gut angenommen, auch wenn es oft so nicht in Leserbriefen dargestellt wurde. Auch der Ort abseits von einer Großstadt ist gut gewählt. Die Bänke um das Friedensmal werden so gut genutzt, dass sie bereits renoviert werden mussten. Immer wieder liegen Kieselsteine (eine jüdische Sitte) auf den Erinnerungssteinen. Der Ort wird als besonders licht- und friedvoll wahrgenommen. Häufig kommen auch Schulklassen auf Wanderungen vorbei, wobei auffällt, dass sich die Kinder wirklich dafür interessieren die Gestaltung und ihren Sinn mit den eigenen Sinnen zu erfahren; es ist greifbare Form auf 3200 qm, die anspricht. Man sieht auch manchmal Menschen barfuß durch das Friedensmal laufen oder um ihn herum. Das soll bedeuten, mit den Schuhen zusammen seine Vorurteile abzulegen.
Es ist in Wirklichkeit alles sehr anders, als es in diesem Artikel bei „SciLogs” beschrieben wird. Die Erfahrungen am Ort sind mehr als positiv. Zum Beispiel wurde in der veröffentlichten Meinung das Bild einer Landschaftsverschandelung gezeichnet. Tatsächlich sind aber die meisten Besucher vor Ort gerade von der Schönheit der Gestaltung angetan. Wie anders geht man sonst in Deutschland mit Bürgerengagement um! Man sieht das Positive, unterstützt es und es entsteht nicht der Eindruck, es würde dagegen gewirkt werden. Was ist also los? „SciLogs” schreibt dazu: „Der entscheidende Mangel in dem gesamten Vorhaben ist sein privater Charakter. Es gab im Vorfeld weder eine gesellschaftlich verankerte Entscheidungsfindung noch einen kollektiv geführten Gestaltungsprozess. Beides wären Voraussetzungen für die ideell-gesellschaftliche Bedeutung, die für ein Denkmal im engeren Sinn typisch ist.” Bildete aber nicht unter anderem „der Hang zum Kollektivismus den Nährboden für den Antisemitismus in Deutschland” zur Zeit des Nationalsozialismus?
Lesen Sie hierzu diesen kurzen Einwurf: „Warum die Deutschen, warum die Juden?”
Unter diesem Link finden Sie zwei Rezensionen zu einem Buch von Götz Aly.
Der Vorwurf der „gesellschaftlich nicht verankerten Entscheidungsfindung” ist nicht richtig. Das Projekt wurde im Ortsbeirat Hochstädten befürwortet und von der Stadt Bensheim und dem Kreis Bergstraße genehmigt. Es war in allen Gremien und wurde diskutiert. Die Stadträte und die Parteien hatten entschieden. Die Presse berichtete ausführlich und positiv. Was eigentlich passiert war, dass dann später eine Kontroverse in Medien und Politik gezeichnet wurde und Politiker auf die es angekommen wäre dem Projekt keine öffentliche Unterstützung geben wollten, sollte hinterfragt werden. Aber bitte nicht, dass Kunst individualistisch ist. Inspiration ist normalerweise etwas ziemlich Privates, kommt sie doch aus der Seele des Künstlers. Kollektiv geführte Gestaltungsprozesse führen zu politisch anerkannten Ergebnissen, aber nicht, nur weil sie „kollektiv geführt” wurden, deshalb gleich zur gelungenen Kunst. Hatte man sich nichts dabei gedacht, als man ins Grundgesetz unter Artikel 5 schrieb, dass die Kunst frei ist? Sprechen daraus nicht gerade Erfahrungen aus dem Nationalsozialismus?
Ist das Problem vielleicht nur eine politische Ideologie, die vor dem individuellen freien Ausdruck Angst hat und selbst Kunst in kollektiv geführte Gestaltungsprozesse pressen will? Geführt dann von denjenigen, die sich in der Sache zum bestimmenden Kollektiv gezählt hätten. Mehr Einblick in Ursachen einer Gegnerschaft zu diesem Projekt in einem bestimmten politisch linkem Kreis am Ort gibt diese Zuschrift an unseren Verein: „Als reicher Mann können Sie Ihre Grundstücke kaufen und dort individuell Ihre Vorstellungen realisieren - ob sie dort passend sind oder nicht.” Ist das also ein Aufruf dazu, dass sich angeblich reiche Leute nicht für die Gesellschaft engagieren sollen? In der bereits angesprochenen Rezension des Buches von Götz Aly in der Süddeutschen Zeitung heiß es: „Der Historiker belegt seines Erachtens (des Rezensenten) mit zahllosen Quellen, wie nicht nur Untertanengeist, völkisches und rassistisches Denken, sondern vor allem Antiliberalismus, sozialstaatliches Gerechtigkeitsstreben, Neid und der Hang zum Kollektivismus und zur Sicherheit in der Gruppe den Nährboden für den Antisemitismus in Deutschland bildeten.”
Gebaut hat das Jerusalem Friedensmal mehr oder weniger ein Einzelner, ABER aufgegeben wurde das Projekt im Jahr 2014 nur deshalb nicht, weil sich andere Menschen und Gruppen, national wie auch international dafür einsetzen wollten, als es wegen eines Abrissbescheides vor seinem Ende stand: Menschen mit unterschiedlichen Religionen, die mit ihren Briefen halfen, sowie die Ortsgruppe des DGB, die Ortsgruppe der SPD mit einer Pressemitteilung, die Bürger für Bensheim, ein Mitarbeiter vom HR, ein jüdischer Sänger, der Sohn eines ehemaligen Insassen von Auschwitz, ein Rabbiner, ein jüdischer Verein gegen Antisemitismus, Karl Netzer, ein Freund von Frau Buber-Agassi, das Martin Buber Haus in Heppenheim, Freunde in Israel... das ging alles von Einzelnen! oder wenigen Menschen aus, die den Unterschied machten und viele Menschen erreichten. Eine positive Öffentlichkeit gab es vor allem international über ein soziales Netzwerk. In Deutschland überwogen dort leider die negativen Kommentare, in denen ein Abriss von Mahnmalen in Deutschland ansich gefordert wurde. Aber auch das half vielleicht zur Nachdenklichkeit darüber, wer sich mit wem gegen das Friedensprojekt solidarisieren würde.
Zum nächsten Kapitel: Abrissbescheid
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Kapitel: Gegenwind / Ursachen
Im Frühjahr 2013 konnte mein Verein einen schönen Erfolg feiern. Eine Anzeige zu unserem Projekt wurde auf den Titelseiten der Jerusalem Post und HaAretz veröffentlicht.
Es stand zu dieser Anerkennung aus Israel in starkem Kontrast, wie darauf zu Hause in Deutschland reagiert wurde. Man erzählte sich sogar, ich hätte "den Juden" soviel Geld gegeben, dass sie die Anzeige auf die Titelseite setzen mussten. Die negativen Aktionen gegen diese Friedens- und Freiheitsstätte nahmen in der Folge zu und unser Verein wurde alleine gelassen. Das ging haarscharf daran vorbei, dass dieses ganze Projekt hätte aufgegeben werden müssen. Dabei gab es einen großen Unterschied zwischen den positiven Reaktionen der Menschen, die unvermittelt am Jerusalem Friedensmal vorbei wanderten und eben dem Bild einer Kontroverse in der veröffentlichten Meinung. Das Projekt wird tatsächlich gut angenommen, auch wenn es oft so nicht in Leserbriefen dargestellt wurde. Auch der Ort abseits von einer Großstadt ist gut gewählt. Die Bänke um das Friedensmal werden so gut genutzt, dass sie bereits renoviert werden mussten. Immer wieder liegen Kieselsteine (eine jüdische Sitte) auf den Erinnerungssteinen. Der Ort wird als besonders licht- und friedvoll wahrgenommen. Häufig kommen auch Schulklassen auf Wanderungen vorbei, wobei auffällt, dass sich die Kinder wirklich dafür interessieren die Gestaltung und ihren Sinn mit den eigenen Sinnen zu erfahren; es ist greifbare Form auf 3200 qm, die anspricht. Man sieht auch manchmal Menschen barfuß durch das Friedensmal laufen oder um ihn herum. Das soll bedeuten, mit den Schuhen zusammen seine Vorurteile abzulegen.
Es ist in Wirklichkeit alles sehr anders, als es in diesem Artikel bei „SciLogs” beschrieben wird. Die Erfahrungen am Ort sind mehr als positiv. Zum Beispiel wurde in der veröffentlichten Meinung das Bild einer Landschaftsverschandelung gezeichnet. Tatsächlich sind aber die meisten Besucher vor Ort gerade von der Schönheit der Gestaltung angetan. Wie anders geht man sonst in Deutschland mit Bürgerengagement um! Man sieht das Positive, unterstützt es und es entsteht nicht der Eindruck, es würde dagegen gewirkt werden. Was ist also los? „SciLogs” schreibt dazu: „Der entscheidende Mangel in dem gesamten Vorhaben ist sein privater Charakter. Es gab im Vorfeld weder eine gesellschaftlich verankerte Entscheidungsfindung noch einen kollektiv geführten Gestaltungsprozess. Beides wären Voraussetzungen für die ideell-gesellschaftliche Bedeutung, die für ein Denkmal im engeren Sinn typisch ist.” Bildete aber nicht unter anderem „der Hang zum Kollektivismus den Nährboden für den Antisemitismus in Deutschland” zur Zeit des Nationalsozialismus?
Lesen Sie hierzu diesen kurzen Einwurf: „Warum die Deutschen, warum die Juden?”
Unter diesem Link finden Sie zwei Rezensionen zu einem Buch von Götz Aly.
Der Vorwurf der „gesellschaftlich nicht verankerten Entscheidungsfindung” ist nicht richtig. Das Projekt wurde im Ortsbeirat Hochstädten befürwortet und von der Stadt Bensheim und dem Kreis Bergstraße genehmigt. Es war in allen Gremien und wurde diskutiert. Die Stadträte und die Parteien hatten entschieden. Die Presse berichtete ausführlich und positiv. Was eigentlich passiert war, dass dann später eine Kontroverse in Medien und Politik gezeichnet wurde und Politiker auf die es angekommen wäre dem Projekt keine öffentliche Unterstützung geben wollten, sollte hinterfragt werden. Aber bitte nicht, dass Kunst individualistisch ist. Inspiration ist normalerweise etwas ziemlich Privates, kommt sie doch aus der Seele des Künstlers. Kollektiv geführte Gestaltungsprozesse führen zu politisch anerkannten Ergebnissen, aber nicht, nur weil sie „kollektiv geführt” wurden, deshalb gleich zur gelungenen Kunst. Hatte man sich nichts dabei gedacht, als man ins Grundgesetz unter Artikel 5 schrieb, dass die Kunst frei ist? Sprechen daraus nicht gerade Erfahrungen aus dem Nationalsozialismus?
Ist das Problem vielleicht nur eine politische Ideologie, die vor dem individuellen freien Ausdruck Angst hat und selbst Kunst in kollektiv geführte Gestaltungsprozesse pressen will? Geführt dann von denjenigen, die sich in der Sache zum bestimmenden Kollektiv gezählt hätten. Mehr Einblick in Ursachen einer Gegnerschaft zu diesem Projekt in einem bestimmten politisch linkem Kreis am Ort gibt diese Zuschrift an unseren Verein: „Als reicher Mann können Sie Ihre Grundstücke kaufen und dort individuell Ihre Vorstellungen realisieren - ob sie dort passend sind oder nicht.” Ist das also ein Aufruf dazu, dass sich angeblich reiche Leute nicht für die Gesellschaft engagieren sollen? In der bereits angesprochenen Rezension des Buches von Götz Aly in der Süddeutschen Zeitung heiß es: „Der Historiker belegt seines Erachtens (des Rezensenten) mit zahllosen Quellen, wie nicht nur Untertanengeist, völkisches und rassistisches Denken, sondern vor allem Antiliberalismus, sozialstaatliches Gerechtigkeitsstreben, Neid und der Hang zum Kollektivismus und zur Sicherheit in der Gruppe den Nährboden für den Antisemitismus in Deutschland bildeten.”
Gebaut hat das Jerusalem Friedensmal mehr oder weniger ein Einzelner, ABER aufgegeben wurde das Projekt im Jahr 2014 nur deshalb nicht, weil sich andere Menschen und Gruppen, national wie auch international dafür einsetzen wollten, als es wegen eines Abrissbescheides vor seinem Ende stand: Menschen mit unterschiedlichen Religionen, die mit ihren Briefen halfen, sowie die Ortsgruppe des DGB, die Ortsgruppe der SPD mit einer Pressemitteilung, die Bürger für Bensheim, ein Mitarbeiter vom HR, ein jüdischer Sänger, der Sohn eines ehemaligen Insassen von Auschwitz, ein Rabbiner, ein jüdischer Verein gegen Antisemitismus, Karl Netzer, ein Freund von Frau Buber-Agassi, das Martin Buber Haus in Heppenheim, Freunde in Israel... das ging alles von Einzelnen! oder wenigen Menschen aus, die den Unterschied machten und viele Menschen erreichten. Eine positive Öffentlichkeit gab es vor allem international über ein soziales Netzwerk. In Deutschland überwogen dort leider die negativen Kommentare, in denen ein Abriss von Mahnmalen in Deutschland ansich gefordert wurde. Aber auch das half vielleicht zur Nachdenklichkeit darüber, wer sich mit wem gegen das Friedensprojekt solidarisieren würde.
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